Jills Memoiren in 13 Teilen

Wo kann ich es reinschreiben? Na hier!
IngaJill

Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:25

Hallo ihr Lieben!

Auf Facebook konnten Jill´s Memoiren bereits einigen Freude bereiten, deswege stelle ich sie auf Wunsch auch gerne hier rein :)

Viel Spaß beim Lesen!

Jills Memoiren Teil 1 - Bei mir kommt (k)ein Briard ins Haus

Sommer 2000 - Ich bin soweit. Ich möchte wieder einen Hund haben; einen Welpen, diesmal auch eine Rasse. Der Briard springt mir sofort ins Auge; an Lulu, dem Hund einer Bekannten habe ich sofort einen Narren gefressen.

Ich kaufe mir also ein Buch: „Der Briard“ von Gabriele Niepel...au weia, denke ich, kaufste dir mal lieber keinen Briard. Ein Briard beobachtet dich ständig. Ein Briard hinterfragt alles. Bekommt ein Briard keine klaren Regeln vorgesetzt, regelt er alles im Haushalt. Ein Briard benötigt strenge Konsequenz, trägt nur Dreck hinein.
Ein Hund, der mich ständig beobachtet? Das macht mich ja schon bei Menschen nervös, grübele ich. Einzig mit dem Dreck könnte ich mich gut arrangieren.

Beim Briard Club Deutschland angerufen, Züchter rausgesucht, Züchter gefunden, mit Züchtern stundenlang telefoniert „Ne, so schlimm sind die Briards auch nicht.“ meinen die Züchter...mittlerweile ist es November 2000.

„Was haben sie meinen Briards denn zu bieten? Wie wohnen sie, was machen sie beruflich, wollen sie Kinder?, mal Hunde gehabt? Was würden sie mit dem Hund denn machen? Wollen sie züchten?Haben sie Familienmitglieder, die sich im Notfall, um den Hund kümmern können? Haben sie genug Geld für Tierarzt und Futter?“

Mir brummt der Schädel, Bewerbungsgespräche hatte ich stressfreier in Erinnerung.
Ich scheine alles zur Zufriedenheit der Züchterin beantwortet zu haben, ich darf vorbeikommen.

Gesagt, getan. Eine gute Freundin fährt mit mir am 11.11.2000 nach Marl, einem kleinen Örtchen in sonst wo.

In Marl warten 5 wuselige Welpen, ein erwachsener Briardrüde und eine handvoll DSH auf uns.
Ich habe ganz zittrige Knie...ist da vielleicht mein zukünftiger Hund?

Alle fünf stürmen auf mich zu, es bleiben zwei Welpen. Eine Hündin, die sich ständig vor mir auf den Rücken hinrobbt und gestreichelt werden will. Ein Rüde, der ebenfalls nicht abgeneigt vom knuddeln ist. Ich will beide. Geht nicht, klar! Ich entscheide mich für die zuckersüße Welpendame, die immer noch vor mir rumrobbt und sich an mir schubbert.

Wir gehen rein, klären die „Geschäftsdinge“. Ich schaue aus dem Fenster. „Wer ist denn der Wirbelwind mit den zwei umgeknickten Ohren?“ „Welcher?“ „Na, der Welpe, der alle anderen ärgert und zwickt!“ „Ach so, ja das ist ihre Inga, die haben sie gerade gekauft.“ „Oh...super...“

Es geht also los. Ich stolz wie Oskar mit Baby Inga Jill vom Rusteberg im Arm.
Wir fahren keine 5 Minuten, da kotzt Klein Jill erstmal nach allen Regeln der Kunst den Schaltknüppel voll. „Was raus muss, muss raus,“ lache ich.....

Zu Hause angekommen. Kulturschock für Baby Jill. Sie will nicht ins Haus! Draußen ist es dunkel und im Flur ist es hell. Sie will nicht über die Schwelle. Ich verstehe das nicht. Ich gehe also vor und sage „Na los, Möpschen.“ Jill wedelt und geht rein.
„Toll,“ sage ich zu meiner Freundin, „die versteht ja jedes Wort.“

Wir erkunden also zusammen das alte neue Haus. Jill erschrickt vor fast allem, am schlimmsten der Fernseher! Damals lief die Karnevalssonderfolge von BigBrother, das weiß ich noch wie heute. Fand Jill doof, ich habe nie wieder Big Brother geguckt. Guter Kompromiss.
Wir gehen ins Bett, ich und Baby Jill. Die erste Nacht im Bett. Jill knabbert an meinen Fingern und kuschelt sich an mich. Ich schaue sie an und sage: „Es tut mir leid, aber dir ist schon klar, das ich dich gnadenlos verziehen werde, oder? Ich kann nicht anders. Ich bin auch nur ein Mensch.“
Sie seufzt und wir schlafen ein.

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:26

Frauchens und Jills Memoiren Teil 2 - Alles doof oder verdammt! Sheepworld war schneller

Da saßen wir uns nun gegenüber. Ein kleiner Briard, der nicht wusste, was die Bücher so alles über ihn schrieben und eine kleine Kristine, die nicht wusste, ob der Briard vielleicht wusste, dass Kristine zwar wusste was in den Bücher stand aber sonst nichts wusste.

Alles war doof. Hunde doof, Katzen doof, Fahrräder doof, Autos doof; Mülltonnen, die gestern NOCH NICHT auf dem Fußweg standen doof; Mülltonnen, die heute NICHT MEHR auf dem Fußweg stehen doof, Kinder über alle Maßen doof. Eben alles doof.
Schließlich ging das Gerücht durchs Dorf, ich würde an einer Zwangsstörung leiden, weil ich jeden Gegenstand, der sich am Vortag noch nicht auf unserer Spazierrunde befand, antippte und laut sagte: Alles ist gut.
Jill beschloss, eine Bekloppte im Rudel reicht.

Stubenrein werden? Mega doof. Nur was für Wattebauschwerfer.
Ein Hund, der was auf sich hält, pullert in überdachten Etablissements. Und das am besten mehrmals täglich und immer dann, wenn keiner ihm zuschaut. Frauchen wollte schon fragen, ob man den Hund umtauschen könnte, der sei nämlich unten rum irgendwie kaputt.
Aber nach mehreren Wochen, einem Sammelvorrat an Sagrotan und einem leichten Fetisch für Gummihandschuhe ergab sich Jill in ihr Schicksal und meldete brav ihre Bedürfnisse an.
Ich weiß bis heute nicht, wann sie damit anfing.
Wahrscheinlich als ich sagte: „So! Noch einmal Fräulein und ich kack dir in den Futternapf. Und ICH mach das bestimmt nicht weg.“ Das hat selbst auf einen Briard Eindruck gemacht, denke ich.

Es folgten
Sitz, Platz, Bleib, Aus, Fuß, Rolle

Kommst du oder kommst du nicht? Okay!, Bitte?, Dann eben nicht, Hol ich mir eben einen anderen Hund; es gibt viele Hunde, die würden sich über einen warmen Platz zu meinen Füßen freuen!

Ruhe! Hallo, ich sagte Ruhe! Nein, das ist das Gegenteil von Ruhe.

Sag mal Bescheid, verdammt jetzt ist Ruhe im Arsch,
Ach ja! Das verstehst du jetzt plötzlich auf Anhieb oder was?

Bring, nein nicht das, das andere, zu mir nicht von mir weg, das machst du doch mit Absicht

Bäh,Örks, Igittigitt, Muss das denn schon wieder sein? Warum eigentlich immer ich? Ich glaub, mir wird gleich schlecht.

Ich machte die Erfahrung, dass „Konsequenz“ ein weit dehnbarer Begriff war.
So ist ein Hund, der immer betteln darf genauso konsequent erzogen wie ein Hund der niemals betteln darf.

Jill begann, dass Leben bei mir zu genießen.

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:26

Frauchens und Jills Memoiren Teil 3 -
Der Tag, an dem Jill herausfand, dass vier Beine schneller sind als zwei

Wir schlugen uns die ersten Monate recht tapfer.
Gut, aus der Welpenschule flogen wir achtkantig raus.
Der Betreiber war der Meinung, ich würde meinem Welpen die Kindheit zerstören, weil ich ihm vor Abschluss des ersten Lebensjahres Sitz, Platz und Bleib beigebracht hatte.
Meine einfache Antwort: „Das ist doch Quatsch!“ gefiel nicht unbedingt.
Ich bekam die Leviten gelesen, dass ein VDH-Zuchtrichter NIE Quatsch erzähle und überhaupt zweifle er an, dass mein Briard echte VDH Papiere hätte, die könne man nämlich schnell fälschen.

Schnell abgehakt und ins Archiv unter „Warum eigentlich immer ich?“ sortiert, lies ich mich nicht entmutigen und brachte Jill noch schnell Rolle und Kriechen VOR Abschluss des ersten Lebensjahres bei; nur so aus Prinzip.
Jill pfiff auf die Einzigartigkeit ihrer Kindheit, Hauptsache es regnete Leckerlies.

Probleme? Wir doch nicht. Jill verstand mich ja aufs Wort oder besser aufs Leckerlie.
Außerdem erwartete sie, dass ich an neuen Orten die Vorhut bildete; nur so zur Sicherheit.
Frauchen war der Mittelpunkt des Universums.

Bis zu dem Tag als wir Monty trafen.
Monty war groß, Monty war stark, Monty war schwarz mit weißer Brust, Monty war ein Draufgänger, Jill war verknallt und Frauchen hatte im Wald keinen Hund mehr.

Es war eine dieser typischen Situationen. Man steht am Anfang eines Waldes mit netten Hundebesitzern und unterhält sich über die Marotten des eigenen Hundes.
Natürlich sind die Marotten des anderen Hundes immer selbstgestrickt, Anfängerfehler, „hach, nein echt? Nein, so was macht MEIN Hund nicht.“..

Dumm nur, dass mir dieser Satz dann auch über die Lippen kam.
„Jagen...nein, Jill bleibt brav auf dem Weg. Die steht gut im Gehorsam!“

Monty, die Kreuzung aus caninen Adonis und Herkules, schnalzte gönnerisch mit der Zunge in Richtung Jill...ich wollte noch sagen „Wag es ja nicht....“ und weg waren die beiden.

Und? Anfängerfehler! Ich rannte hinterher und brüllte und brüllte:
„ Jill du bist ein Hütehund!! Du verdammte Schabracke, du.....H-Ü-T-E-H-U-N-D!!“

Jill war alles schnurzpiepe egal.
Ich hätte nackig in Barbecuesauce getunkt mit 100 Bratwürstchen umschlungen „La Cucaracha“ singen können, Jill schnupperte just in diesem Moment wahre Freiheit.
In ihrem Kopf spielte „Born to be wild“ und Monty fuhr mit ihr auf einem Motorrad in den Sonnenuntergang.

Ich überlegte, ob es normal sei, eifersüchtig auf einen Hund zu sein. ICH war der Mittelpunkt von Jill, MIR war sie überallhin gefolgt! Das monatelange Beschützen vor Mülltonnen, Plastiktüten und Kindern bedeutete plötzlich nichts mehr. Wo war denn Monty da gewesen? Häh? Hääähhhh?

Wie ein geknickter Grashalm stand ich mitten in der Pampa und wartete auf meinen kleinen Drecksköter.....das sollte nicht das letzte Mal sein....

Rückblickend betrachtet, frage ich mich was eigentlich mit mir nicht stimmte.
Selbst eine Laborratte versteht spätestens nach dem dritten Mal: „Wenn Option A nicht geht, dann muss ich Option B nehmen.“
Ich brauchte über zwei Jahre bis ich verstand, dass mit Monty und Jill ohne Leine zu gehen nicht funktionierte, zumindest wenn man den gleichen Weg gehen wollte.
Es wurde zunehmend peinlicher, mit Leine aber ohne Hund spazieren zu gehen.

Letztendlich war es weniger meiner Einsicht und mehr einem Jäger geschuldet, dass Jill an die 8-Meter-Flexi kam.
Wenn Jill sich heutzutage unbeobachtet fühlt, könnte ich schwören sie würde „born to be wild“ summen...aber nur ganz, ganz leise.....

Fortsetzung folgt.

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:27

Frauchens und Jills Memoiren Teil 4 - Das Flexi-Frauchen gegen den Rest der Welt

Wir gehen also ins Tiergeschäft und wollen ganz unbedarft eine Flexileine kaufen. Jill würde lieber ein paar Kaninchen kaufen, Meerschweinchen gingen auch.
Ich bleibe hart und nehme eine Langziehleine nach der anderen in die Hand.
Eine Leine, die 35 Kilo galoppierenden Briard halten soll, mindestens fünf Meter und nicht so schwer.
Neben mir steht eine ältere Dame und schaut auf die Flexi in meiner Hand.
„Oh, aha,“ sagt die Dame
„Entschuldigung?“ frage ich.
„ Also mein Hund braucht so ein unnützes Ding nicht, mein Hund ist erzogen. Ist wohl ihr erster Hund was? Und dann ein Briard....“
„Oh, aha,“ sage ich lächelnd und denke `Warum denkst du alte Schachtel eigentlich, mich würde das interessieren? Geh und mach Obedience mit deinem Köter.´

Am Ende wird es dann eine 8-m-Flexi in blau.
Ich überlege noch kurz, ob ich mir nicht lieber einen neuen Welpen kaufe, muss ja auch keine Rasse sein, ein kleiner Mischlingswelpe, dazu könnte ich noch einen Sack Futter von Royal Canin kaufen und ich hätte sogar noch Geld für zwei Kugeln Eis, verwerfe den Gedanken aber schnell, weil ich an das Pipi-Desaster zurückdenken muss.
Dann doch lieber einen Hund, der nicht hört wenn Rehe irgendwo „Hallo? Will mich vielleicht jemand fangen? Ich renn auch nicht so schnell!“ ruft.
Dann könnte ich wenigstens noch behaupten: „Der Hund da? Ne, denn kenne ich nicht. Ich habe gar keinen.“

Meine Spaziergehtruppe beäugt die Leine missbilligend.
Es wird kollektiv überlegt, ob die anderen Hunde jetzt auch an die Leine müssten.
„ Naja,“ sage ich, „außerdem ist doch eh Leinenpflicht.“
„ Ach Kristine, das ist doch wieder nur so eine Mache von denen, die uns kleinen Leuten
irgendwelche Sachen aufzwingen wollen. Da hält sich doch eh keiner dran!“
„ Ja, ne. Ne...ja. Also ich lasse Jill jetzt an der Leine. Die anderen können doch frei laufen.“
Monty ignoriert mich völlig, wie könne ich es auch wagen seine Ische festzuhalten?
10 Minuten später haben wir statt 4 Hunden noch drei. Die drei restlichen Hundehalter klammern sich an ihre Hunde, die vierte pfeift hoffnungsfroh in den Wind.
Die drei Hunde denken: „Monty, du Arsch.“

Jill benimmt sich vorzüglich. Kein Wegsprinten mehr, kein „bin gleich wieder da, geh ruhig schon mal vor!“ und ich wiege mich langsam in Sicherheit.

Irgendwann meint Montys Besitzerin zu mir: „Wieso nimmst du sie denn noch an die Leine? Die hört doch super. Ich glaube, die rennt gar nicht mehr weg.“
Just in dem Moment knackt es im Unterholz, Monty hechtet los, Jill hechtet hinterher., Frauchen setzt die Gesetze der Schwerkraft außer Gefecht und brüllt „Warum musstest du dieses Thema überhaupt anspreeehhhhhhhhh....“
Ich stelle fest: So lang sind 8 Meter nun auch wieder nicht.

Mich überkommen langsam Schuldgefühle. Der arme Hund muss im Wald an die Leine. Es riecht überall so gut und Jill will am liebsten an zehn Orten gleichzeitig sein. Ich verwerfe den Gedanken, dass ein Spaziergang im Wald mit einem Hund Quelle der Erholung sein könnte und sprinte hinter meinem kleinen Spurenleser hinterher.
Es folgen Jahre der kaputten Hosen, Pullover, Beine und Arme, aber das ist uns egal. Wir beide jagen zusammen über Stock und Stein, Hügel hoch und runter immer der Nase nach. Monty gerät in Vergessenheit, Frauchen ist wieder IN.
Es lebe die Flexi!!

Fortsetzung folgt...

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:27

Frauchens und Jills Memoiren Teil 5 - Von Tunnel, Wippe, Steg und anderen Hindernissen

Im Wald ging es bei uns beiden, wenn auch in Gemeinschaft, drunter und drüber.
Stöcker, Baumstämme, Dornen, Brennesseln? Lachhaft, uns konnte nichts aufhalten.

Pilzesucher kratzten sich am Kopf;
Jäger waren dankbar, dass wenigstens einer im Dorf, den Hund an der Leine hatte.
Ein Moment der vollkommenen Harmonie...bis:

„Wie du läufst hinter deinem Hund AN der Flexi hinterher? Sonst geht es dir aber gut, ja?“
„ Aber Jill ist jetzt wieder voll auf mich konzentriert. Sie schaut mich an, ich schau sie an, ich zwinker und los gehts! Monty-Style eben!“
„ Ja, aber wenn die Nachbarn das per Zufall sehen? Die Leute reden doch immer so schnell. Muss das denn sein? Ist doch total peinlich.“

Ich begann wieder zu grübeln, was aus mir alles hätte werden können, wenn mir nicht ständig Leute erzählt hätten, was andere über mich denken würden.
Es mussten also Alternativen her;
Ausreden, die das Peinliche nach außen hin sinnvoll machten.
Schlüssel verloren? Zu einfach. Trüffelhund, Trüffel können ja so gewieft sein! Oh je.....

Die ÄRA AGILITY brach an.
Wir begegneten Menschen mit ihren Hunden, die über irgendwelche Hindernisse hüppelten, und das auch noch im Kollektiv.

Ein Traum für jeden, der eine Ausrede braucht, warum er im Wald zusammen mit seinem Hund irgendwo drüber und drunter durch hechtet. Und wenn die Nachbarn doch mal den Weg kreuzen sollten, würde dieser Dialog folgen:

„ Was machen sie denn da?“
„ Ich trainiere den Hund. Agility, wissen sie? Total anspruchsvoll. Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr mit der Weltmeisterschaft.“
„ Na, das ist aber großartig.“

Hah! Die Nachbarn hatte ich im Sack.
Weltmeisterschaft? Na klar, allerdings nur in Kristines kleiner Welt.
Ich lernte also: Man kann sich im Leben so ziemlich alles erlauben, man muss es nur so verpacken, dass es sich vernünftig anhört.

Auf dem Agilityplatz verbrachten wir viele unserer schönsten Stunden und lernten großartige Kumpel für Hund und Frauchen kennen.

Jill nahm jedes Hindernis mit der Mentalität: „ Wenn ich eh schon da bin....“
Bei uns lief das alles verbal-nonverbal, ungefähr so:

„ Den Tunnel da!“
„ Den da?“
„ Das ist kein Tunnel, das ist die A-Wand.“
„ Aber die könnte ich ja zuerst nehmen, ist doch viel dichter dran.“
„ Neeiiieeen.“
„ Boah, du Zippe, o-kay, dann eben Tunnel; schnell?“
„ Ja, wenn das ginge. Ich kann aber auch warten.“
„ Supi!“

Ich bewunderte Videos von Border-Collie-Besitzern, die einfach nur im Zentrum des Parcours standen und über Sichtzeichen ihren Hund schickten.

Ich zeigt Jill die Videos.

„Können wir das auch so machen?“
Es folgte der Blick: „Vergiss es! Entweder machen wir uns beide zum Affen oder ich boykottiere den ganzen Kram.“

Im Endeffekt lieferte Jill ab; und das mit bravour, wedelnder Schwanz inklusive.
Frauchen wurde zum Agi-Junkie und Jill entdeckte ihren „ I will Leckerlie, please.“

Der Grundpfeiler für spätere Erziehungsmaßnahmen.

Fortsetzung folgt....

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:28

Frauchens und Jills Memoiren Teil 6 - Jill goes Arschlochhund

Da standen wir nun, junge Frau mit mittelmäßigem Selbstbewusstsein an einem Ende der Leine und junger Hund nach der zweiten Läufigkeit am anderen Ende.
Die Momente in denen sich unsere Blicke kreuzten und ich Jill fragte, ob sie mich immer noch ständig beobachten müsse, ich hätte auch gern meine Privatssphäre, wichen Momenten der Vertrautheit.
Ich war im Besitz des Dosenöffners und kannte die besten Spazierwege; ich konnte Autofahren; außerdem hatte ich keine Angst vor dem Tierarzt, was Jill wiederum schwer beeindruckte.
Die Rangordnung war geklärt und das ohne animalische „ich zuerst Tür, ich zuerst Happa, ich Sofa du Hundeplatz“ Taktik.

Jill bewies sich als geduldige Zuhörerin und fiel mir nur selten ins Wort.
Ich plapperte und plapperte und plapperte.
„ Du weißt schon, dass der Hund kein Wort versteht?“ fragte mich Montys Frauchen.
„ Pssst! Ich schon, aber Jill weiß nicht, dass ich das weiß! Wenn sie merkt, dass ich das weiß, wirke ich total unsouverän. Nicht, dass ich noch als erstes durch die Tür muss. Du weißt doch, von wegen alpha-Wolf und so.“
„ Aber Wölfe sabbeln doch auch nicht die ganze Zeit. Und Türen haben die schon mal gar nicht im Wald.“
„ Das weiß Jill ja auch nicht.“
Ich warf Monty einen drohenden Blick zu, der sagte „Wag es ja nicht!“

Es war alles perfekt. Fast. Bis zu dem Tag als Jill entdeckte, dass es Hunde gab, die irgendwie nicht in ihr Weltbild passten.
Rüde? Egal, Hündin? Egal, Kastriert? Egal? Alter? Egal.
Ich witterte meine Chance doch noch das große Geld mit „Ohne dich ist alles....egal“ zu machen.

Frei nach dem Motto: „Was nicht passt, wir passend gemacht“ vermöbelte Jill nun jeden x-beliebigen Hund. Zu wild, zu unsicher, zu groß, zu arrogant, zu nervig....also eigentlich alles von A wie Afghane bis Z wie Zwergpinscher.
Jetzt hätte man denken können: Mein Hund, der Rassist! Alle Mischlinge sind aus dem Schneider. Aber da bei denen von A-Z alles drin stecken konnte, wurde auf die auch noch obligatorisch raufgekloppt.
Ich bat Jill, doch ein Sexist zu werden, um das ganze zu vereinfachen, aber Madame musterte mich nur abfällig mit dem „ das habe ich ja sowas von nicht nötig, meine Liebe“-Blick.
Ich bekam einen dicken Hals auf Leute, die mir fröhlich entgegenkamen und fragten: „ Ist das eine Hündin? Ja? Super!“
Diese Leute hätte ich zu dem Zeitpunkt auch gerne vermöbelt, einfach nur so, aus Spaß.

Den fremden Hunden war meist egal was Jill mit ihnen anstellte. Sollte der Wischmob doch pöbeln!
Die Hundehalter sahen das anders. Von „Ich knall den Hund beim nächsten mal ab“, „Aggressive Hunde gehören weggesperrt“ oder „Ach ja, typisch Briard“ alles vertreten.

Es war zum verzweifeln. Frauchens Talent, jeweils den falschen Hundehalter zum falschen Zeitpunkt zu treffen, war auch nicht hilfreich

Jill angeleint: „ Jetzt leinen sie den Hund doch ab, die machen das unter sich aus. Unmöglich seinen Hund immer an der Leine zu führen. Haben sie denn gar keine Ahnung von artgerechter Haltung?“

Jill abgeleint: „ Der Köter gehört aber an die Leine! So große Hunde sollte man doch nicht ohne Leine ausführen.“
Frauchen sagt: „ Mein Hund ist sehr zickig“ => Jill tut als wüsste Frauchen etwas was Jill nicht wüsste
Frauchen hält die Klappe => keine fünf Minuten später sitzt Jill auf einem freundlich sabbernden Labbi und zieht die Lefze sobald dieser aufstehen will.

Hundehalter sagt: „Och, die ist ja lieb, die tut doch bestimmt nichts“, ich will noch sagen „Stop! Sprechen sie es nicht aus“ Zu Spät...
Hundehalter sagt: „ Ach, Briard. Die sind nicht ohne.“ Jill spielt den „wir haben uns alle lieb“- Hund.

So konnte uns ja keiner mehr Ernst nehmen!

Ich wollte keine Unterhaltungen mehr darüber führen, ob mein Hund bissig sei oder nicht.
Tatsache ist, sie hatte tatsächlich nur ein einziges Mal getackert als ihr ein JackRussel mit allen Vieren in der Luft am Hals hing.
Ich hakte das unter Jills Interpretation von „Parasitenentfernung“ ab.
Meine Versicherung zahlte natürlich trotzdem bereitwillig. War ja auch das erste und letzte Mal, dass diese zahlen musste.

Mich ermüdeten Leute, die mir einreden wollten, mein Hund hätte gebissen.
„ Jetzt hat ihr Hund meinen Hund gebissen, die hat ja total geknurrt!“
„ Sie hat nicht gebissen, sehen sie doch bitte nach!“
„ Natürlich hat die gebissen, habe ich doch genau gesehen.“
„ Dann schauen sie doch bitte nach, sie werden keine Bisspuren finden, mein Hund hat ihren Hund nicht mal ansatzweise mit den Zähnen berührt.“
„ Von ihnen lasse ich mir noch lange nicht erzählen, was ich zu tun und zu lassen habe.“

Das Problem musste behoben werden. Da ich nicht alle nervigen Hundehalter auf einmal beseitigen konnte, dachte ich, es wäre doch einfacher an Jills Weltanschauung zu arbeiten.
Manchmal denke ich, hätte ich doch wenigstens ein paar Hundehalter beseitigt;
nur die, die keiner vermissen würde.

Die Zeit verging; die Anzahl der Hunde, die Staub fraßen, wuchs.
Ich lernte Jills Körpersprache zu deuten. Ich konnte mit der Genauigkeit einer Schweizer Taschenuhr ansagen, wann Jill zicken würde.
Das „Mein Hund wird gleich zicken“ half den anderen Hunden und insbesondere den Hundehaltern natürlich nicht viel.
Man fragte mich, warum ich Jill nicht einfach an die Leine nähme, wenn ich wüsste, dass sie zickig wäre.
Ich antwortete: „ Weil dann ein anderer Hundehalter um die Ecke biegt und meint, ich müsse meinen Hund auch mal loslassen können, um ihm Hundekontakt zu ermöglichen!“

Ich war der Lösung so nahe!
Ich besann mich auf Jills „will Leckerlie please“ und ab ging die Luzie...oder in Jills Fall eher Polly....aber davon ein andernmal.

Fortsetzung folgt.....

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:31

Frauchens und Jills Memoiren Teil 7 - Die Geschichte der Prostitution ist eine Geschichte voller Missverständnisse

Es tagte der Rat der Ausredenden.
„ Du könntest ja auch behaupten, Jill wäre aus dem Tierheim und hätte total schlechte Erfahrungen mit anderen Hunden gemacht!“
„ Ahhh...neeee...dann muss ich mir wieder anhören: „Selber Schuld, was holen sie sich auch einen Briard aus zweiter Hand. Sowas gehört in Spezialistenhände, blahblah. Nein! Ich bin jetzt ernsthaft am Trainieren.“
„ Du spinnst!“
„ Muss ich auch bei dem Hund!“

Was bekam ich nicht alles für tolle Ratschläge!
Du musst dem fremden Hund zuerst Guten Tag sagen, denn du bist ja der Rudelführer.
Unterwirf sie und drück ihr das Knie in die Kehle (helfe immer!).
Kauf dir einen neuen Hund (und diesmal keinen Briard, bitte).
Geh nur noch da spazieren, wo keine anderen Hunde sind.
Zeig keine Schwäche, Hunde merken das!

Nach weiteren Staubschnauzen hockte ich mich erschöpft zu meinem Hund.
„Jill, du machst mich fertig.“
Jills Augen sagten „Ich weiß, aber wir haben uns trotzdem lieber, oder?“
„ Aber sicher!“ seufzte ich.

In unserem Leben war viel passiert!
Jill zählte nun schon fünf Jahre. Frauchen tauschte ihren Arbeitsplatz in einer Softwarefirma mit einem Studienplatz in Göttingen. Die arme Jill tauschte 400 Quadratmeter Grundstück inklusive Gartenteich mit 31 Quadratmetern inklusive Balkon im zweiten Stock.
Keine Hundefreunde mehr, ein Frauchen in Selbstmitleid zerließend, kein Bellen zu nächtlicher Stunde mehr. Die Uni ließ Frauchens Haare grau werden und Jill musste sich etliche Stunden alleine beschäftigen.

Jills Augen sagten: „Frauchen, du machst mich fertig.“
„ Ich weiß, aber wir haben uns trotzdem lieb, oder?“ sagte ich.
„ Aber sicher!“ seufzte Jill.

Und dann eines Tages kam Polly!

Polly war eine kleine Border Collie Hündin mit Suchttendenz in Richtung Stock und Ball und einer fast bemitleidenswerten Angst vor A-Lochhund Jill; berechtigterweise wie ich fand.

Wenn die Haare von Jill erstmal in Wallungen gerieten, konnte keiner mehr sagen wo vorne oder hinten war und ob sich diese Haare jemals wieder ordnen würden. Merkte man erst, dass das ganze Fell 40 kg wog und auch noch knurrend auf einem drauf saß, durfte einem das Herz schon mal in die Hose rutschen.

Ich wollte gerade meinen Hund von der armen Polly runterpflücken und überlegte, ob ich mich für den erstaunten „Das hat die ja noch nie gemacht“ oder den betrübten „ Sie hat nur schlechte Erfahrungen gemacht“ -Blick entscheiden sollte, entschied mich aber für die simple Wahrheit:
„Entschuldigen sie, ich habe einen Arschlochhund.“; gesagt und schon in verbale Duckhaltung gehend, lachte die Frau auf und meinte, dies sei doch gar kein Problem, Polly wäre gern zickig gegenüber kleinen Artgenossen, da könne sie sich auch mal einen Denkzettel abholen.

Meine Augen leuchteten auf.
Kein „Mistköter“, kein „Misthundehalter“. Das war neues Terrain für mich und Jill.
Jill stieg leicht irritiert von Polly und warf mir den „ich glaub, die hat was geraucht“-Blick zu.

Wir gingen einige Schritte des Weges zusammen und ich schilderte Pollys Frauchen unsere Leidensgeschichte.
Wir handelten einen Kompromiss aus: Zuckerbrot und Peitsche inklusive solider Lederleine.

Beim nächsten Treffen wollte Jill Polly wieder die Leviten lesen, es flog unbekannterweise ein Schlüssel durch die Luft und Jill brach sofort ihr Gezeter ab.
Ich behaupte auch heute noch vor Jill, dass ich nicht wüsste woher immer diese fliegenden Schlüssel kämen. Gefährliche Wetterlage, vielleicht.

Bei den folgenden Treffen folgte ein „Nein, Super, Leckerlie“ (im Zeitraffer).

Jill stellte fest: Gehe ich zu einem fremden Hund und schnuppere nur am Poppes, gehe dann sofort wieder zu Frauchen ohne Aggro-Faxen zu machen, gibt es was Leckeres. Deal!

Es war eine wahre Freude zu sehen, wie Jill zielstrebig auf Polly zustratzte, am Poppes schnupperte und mir sagte „Gut gemacht, oder? Poppes schnuppern habe ich voll drauf! Ach ja, das Leckerchen bitte hier einführen! Danke!“

Polly wurde unweigerlich zu einem Bauernopfer, aber sie meisterte ihr Schicksal tadellos.
Polly! Du wirst immer unvergessen bleiben!

Bald übertrug Jill das Gelernte auch auf andere Fremdhundbegegnungen, allerdings blieb sie an der kurzen Leine, sicher war sicher.
Sobald die Begrüßungszeremonie abgeschlossen war, durfte sie laufen.

Nach multiplen Treffen vollführte Jill die „Poppes-Schnuppern-Leckerlie-Methode“ mit begeisterter Leidenschaft.
Seitdem nannte ich sie nur noch liebevoll meine kleine, brave Leckerlie-Prostituierte.

Fortsetzung folgt....

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:31

Frauchens und Jills Memoiren Teil 8 - Jill entdeckt den Walk of fame

Tapetenwechsel können zu den verschiedensten Geschehnissen führen.
Altbekannte Weggefährten müssen einem schweren Herzens auf Wiedersehen sagen.
Neue Menschen erklären sich dazu bereit, den folgenden Weg gemeinsam zu beschreiten.
Aufgehobenes wird entsorgt, Neues wird gekauft.
Es wird hoch und heilig versprochen, diesmal nicht die komplette Einrichtung zu versauen.

Da saßen wir nun in einer Mietwohnung im zweiten Stock, mit Balkon wohlgemerkt.
Ich, Jill und einundvierzig andere Parteien.

Ängste und Sorgen rückten in Frauchens Gehirn:
Würde Jill alleine bleiben? Was würden die Nachbarn zu dem Wuschel sagen? Was wäre, wenn Jill viel bellte? Habe ich Jill tatsächlich auf so einen Ortswechsel vorbereitet?

Ängste und Sorgen rückten in Jills Gehirn:
Gab es hier Rehe? Konnte hier irgendeiner Monty das Wasser reichen? Warum lagen hier so viele Hundehaufen rum? Und warum musste ich mir jetzt ein Zimmer mit Frauchen teilen?

Jill blieb alleine; alleine mit ihren Intelligenzspielchen. Sechs verschiedene Holzspiele aus denen man dank Klötzchen, Schiebern und Platten überall Leckerchen rausbekam.

Unser Tagesablauf sah also so aus:
Spaziergang, Frühstück und Befüllung der Spiele.
Jill lag währenddessen auf unserem Schlafsofa und beobachtete mit Argusaugen, ob auch alles seine Richtigkeit hatte.
Blick: „Mensch, musste nicht mal langsam los? Tschüsschen und bis heute Mittag!“
Frauchen theatralisch: „ Aber nicht, dass du mich so vermisst, du armer kleiner Briard!“
Blick: „Mach hinne.....tschüüühüüüüß.“
Frauchen: „Ein Knutscher noch aufs Köpfchen.“
Blick: „ Ohhhhh, is ja gut, wir sehen uns doch in ein paar Stunden. Geh mit Gott, aber geh!“

Sobald die Tür ins Schloss viel, sprang vierzig Kilo Briard vom Sofa auf den Fußboden und räumte alle Spiele leer.

Gegen Mittag, während die meisten meiner Kommilitonen gemütlich in der Mensa über Sinn und Unsinn von Vorlesungen schwadronierten, hetzte ich Richtung Jill.
Schnell Sandwich aus dem Kühlschrank, nicht über die ganzen Klötzchen stolpernd, Hund eingepackt und ab nach draußen.

Um in den Wald zu kommen, mussten wir ca 800 Meter neben einer Straße bergauf gehen.
Links ein roter glatter Fahrradweg, rechts direkt daneben ein holpriger Fußgängerweg.
„Cool,“, dachte Jill, „´n roter Teppich für mich.“
Zu Beginn hoffte ich noch, dass das ein Versehen war mit dem roten Teppich; aber nein, Jill bestand vehement darauf, auf dem Fahrradweg zu gehen.
Ich ruckte, ich rüpelte, ich schob, zerrte und meckerte. Es half nichts.
Selbst Leckerchen brachten nur kurzfristigen Erfolg.

Der größte Fehler war aber, dass ich jedesmal so lachen musste, wenn Jill auf dem Fahrradweg stand und blickte „ey entweder so oder gar nicht“, dass mein armer Hund mich gar nicht mehr Ernst nehmen konnte.
Auch neugewonnene Freunde, die peinlichst darauf achteten, dass ihre Hund sich nicht daneben benahmen, meinten, ich solle Jill doch am Rand des Fahrradweges laufen lassen.

So entstanden lustige Dialoge zwischen mir und straßenverkehrsgeprüften Fahrradfahrern, wie:
„ Hallo? Das ist ein Fahrradweg!“
„ Hallooo?! Sagen sie das nicht mir, sondern dem Hund!

Jill trottete behaglich auf ihrem roten Teppich, ganze sechs Jahre lang. Sie ging mit einer Selbstverständlichkeit, dass 99% der Fahrradfahrer einfach nur lächelnd bis lachend an uns vorbeifuhren.
Auch hier lernte Frauchen Mimik und Gestik von Menschen zu deuten. Sobald ein Griesgram sich heranpirschte, rief ich „Runter!“, Jill folgte und durfte anschließend mit „ Jetzt darfste wieder“ auf den Walk of fame zurück. So sah es zumindest nach außen hin aus als hätte ich den Hund im Griff.

Kaum in der Uni angekommen und alle Kommilitonen hassend, die meinten, ich müsse unbedingt wissen, dass heute Schnipo-Tag (Schnitzel mit Pommes)war, ging es ermüdend bis abends um 18.00 weiter.

Gegen 23.00 fiel man dann ins Bett mit der Gewissheit, dass es morgen um 5.00 schon wieder
weiterginge.
Zu der Zeit gab es selten Momente, in denen ich mich fragte, wer mir zum Kuckuck nochmal den Floh ins Ohr gesetzt hatte, ich müsse einen Hund haben. Ach ja, das war ich selbst.

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:32

Frauchens und Jills Memoiren Teil 9 - Jill und die Hounds Angels

Alleine sein ist ja bekanntlich für die meisten irgendwie doof.
Um nicht alleine zu sein, kommt man nicht drumherum, sich Leute zu suchen, die mindestens genauso bekloppt sind wie man selbst ohne dabei in der Öffentlichkeit die große Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Kurzum Menschen, die es sich erhalten haben, das Leben durch die Augen eines Kindes zu sehen ohne dabei aber im Kreise von „Was sind wir nicht wieder erwachsen“-Menschen aufzufallen.

Im Fall von Jill war das natürlich einfacher.
Jills Anforderungen waren: Akzeptieren, dass Jill die Weltherrrschaft an sich gerissen hatte, Klappe halten und immer das machen, was Jill wollte.

Total simpel, warum war mir das nie eingefallen?
Ich immer mit meinem „Wir packen alles gemeinsam an, jeder hat ein Mitspracherecht, wir haben uns alle lieb“-Gedönse. Kein Wunder, dass das nur Dünger für zwischenmenschliche Konflikte war.

Dennoch gelang es mir immer wieder im Menschenmeer nach Perlen zu fischen.
Jill wiederum hatte bereits ihre eigene Gang.

Ihr erster großer Kumpel wurde Bobby, Bobbys Frauchen wurde meine erste Perle.

Eines Morgens gingen Jill und ich unseres Weges als wir von weitem einen kuscheligen Hund auf uns zu laufen sahen.
Jill war gerade läufig, was hieß vom A-Lochhund zum „Hallo, hier bin ich, wer hat noch nicht, wer will nochmal?“. Für uns beide war das gar kein Thema mehr; Jill hatte ihren Knickschwanzspaß und ich mutierte zum Keuschheitsgürtel.
Klar war für uns beide: Egal was für ein Hund da kommt, Jill würde nicht zicken.

Hinter dem fremden Hund rannte eine Frau hinterher und brüllte: „Bobby!!“
was Bobby jedoch durch seine Testosteron-Kopfhörer keineswegs interessierte.
Jill und ich machten unsere Blue-Man-Group-Nummer und Bobby hätte am liebsten zu mir gesagt „Schwirr ab, Tusse.“
Die Hundehalterin kam immer näher. Da ich nun nicht unbedingt ein Glücksvogel bin was verständnisvolle Hundehalter angeht, so ahnte ich schon ein Donnerwetter, wie ich es wagen könnte, mich mit meiner läufigen Hündin überhaupt draußen zu zeigen.
Was jedoch kam, war „Du Schweineeimer, warum hörst du eigentlich nur, wenn du Bock darauf hast?“
Das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Bobby war zwar nicht Monty, aber die Produktion von Kaninchen-Burn-Outs war seine Spezialität.
Die beiden tobten ohne Unterlass über die Norduni, es wurde nur so geflitzt, dass man manchmal nicht mehr wusste, welcher Popo wem gehörte.
Mitunter verschwanden die beiden minutenlang in einer Hecke und hopsten und sprangen als hätten sie eine Identitätskrise.
Die Kaninchen wiederum gewöhnten sich recht schnell an die beiden Möchtegernkammerjäger und rannten nie mehr als nötig.

Alsbald folgte Balou, seines Zeichens Irischer Terrier, inklusive Frauchen mit Herz aus Gold.
Balou schaffte es, Jill nach jahrelanger Spielabstinenz wieder zum Sausen zu bringen.

Jill und die B-Boys rasten kläffend, meckernd, lachend und jodelnd durch Wälder, Felder und Wege als gäbe es keinen Morgen mehr.

Nur die mutigsten unter den mutigen Hundehaltern trauten sich an der Gang vorbei, meist ein missbilligender Blick auf die drei Schnattertanten werfend, die scheinbar noch nichts von angemessener Hundeerziehung gehört hatten.
Wobei wir das nie verstanden, da die drei überhaupt gar keine neuen Mitglieder aufnehmen wollten und damit keine Gefahr bestand, dass das ungebührliche Verhalten unserer drei „Schweineeimer“ auf andere Hunde rüberschwappen würde.
Aber so manch ein Hund warf einen sehnsüchtigen Blick zu den Hounds Angels und las die unsichtbare Tätowierung auf den Schultern unserer Hunde:
„Wir scheißen auf Zivilisation und Domestizierung!“

Wenn ich mich an die beiden Jungs zurückerinnere, war es für Jill die coolste Gang aller Zeiten.

Zum Schluss möchte ich betonen, dass nie ein Kaninchen körperlich zu schaden kam, ich wäre aber jederzeit bereit jedem Kaninchen, dass sich bei mir meldet, eine Sitzung bei einem anerkannten Kaninchenpsychiater zu spendieren.

In guter Erinnerung bleibt die komplette Flora und Fauna rund um Göttingen, die keine Chance hatte sich gegen die Krawallmäuse zu wehren.

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:32

Frauchens und Jills Memoiren Teil 10 - „Ich bin jetzt erwachsen, nun lernst du von mir.“

Jills Entwicklung verlief rückblickend prächtig; so prächtig wie eine Achterbahnfahrt.
Immer dann wenn ich dachte „so, jetzt kotze ich aber echt“, ging es wieder bergauf; aber eben nur so lang, um einmal tief Luft zu holen und die Kleidung gerade zu rücken.
In Jills Fall wollte ich ewig Achterbahn fahren.

Meine Entwicklung hingegen ließ zu wünschen übrig. Dem Gesetz nach vollkommen erwachsen, keine Frage. Ich hatte ja einen Personalausweis, der genau dies bestätigte. Im Kopf lief aber eine Menge schief. Ich hatte den unerschütterlichen Glauben, dass die Welt doch viel einfacher wäre, wenn wir uns alle mit unseren Fehlern akzeptierten und umeinander kümmerten.
Ich traf nun aber Menschen, die bemüht waren, die Fehler anderer möglichst schnell zu entlarven, nur um von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken.
Ich traf Menschen, die andere nicht kennenlernen wollten, sondern sie lieber ordentlich in Schubladen steckten, abschlossen und den Schlüssel wegwarfen.
Ich traf Menschen, die das Handeln ihrer Mitmenschen nicht hinterfragen wollten, weil sie Angst davor hatten wie die Antwort lauten könnte.
Es machte mich wahnsinnig!
Ich war doch zu allen nett, warum ging das nicht im Gegenzug?
Es gab nun zwei Möglichkeiten; entweder ich würde die ganze Menschheit ändern oder ich musste lernen umzudenken.
„Oder ich hole mir noch einen Briard,“ plapperte ich vor mich hin.
Jill hob den Kopf und musterte mich eindringlich.
„War ja auch nur ne Idee,“ murmelte ich und überlegte, warum ich mit einem Hund sprach und seit wann ich mich überhaupt rechtfertigen müsste, schließlich war ich der Mensch und sie der Hund. Jill legte ihren Kopf wieder ab und grunzte.
„Du bist auch echt voll der Besserwisserhund. Ich kann ja nicht alle auf links drehen, die nicht in mein Weltbild passen.“
„Nicht?“ floss aus Jills Augen.
„ Und überhaupt, was weißt du schon, du bist ein Hund.“
„Zum Glück“ zuckten Jills Augenbrauen.

Ich fing an zu lachen.
„ Also kein zweiter Hund. Dann bring mir mal ein wenig hündisch bei.“ wohlwissend, dass ich mit den Augen eines Hundes einen Dialog führte.

Jill nahm mich also in die Lehre.
Während ich versuchte, jeden Menschen als Ganzes wahrzunehmen, traf Jill eine Vorauswahl.
Es war ihr egal, ob jemand meckerte, fluchte oder sonst wie unangenehm auffiel, diese Kategorie Mensch wurde ignoriert.
War aber jemand sympathisch, so nahm sie sofort Notiz davon und fokussierte diese Person.

Ich lernte von Jill die Kunst der Selektion. Menschen, die es wert waren und Menschen, die es wert wären, allerdings nicht auf diesem Planeten und nicht mit dieser Laune.

Ich war weiterhin zu jedem nett, denn ich weigerte mich einfach, die Unnetten in den Dreck zu werfen und mich auf sie zu schmeißen; aber ich dachte mir meinen Teil und erlangte daraus die nötige Genugtuung. Ich lernte das „mir doch egal“, dass Jill in perfektionierter Form praktizierte.
Jill brachte mir bei, dass das Leben ohne Fehler und Makel ein Langweiliges wäre.

Wäre Jill nicht gewesen, wäre mir sicherlich irgendwann der Schädel dabei geplatzt, es auch dem tausendsten Idioten recht zu machen.
Verglichen mit meinem simplen „Sitz, Platz, Bleib, Aus“-Konditionieren hatte Jill einen weitaus wertvolleren Job erledigt.

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:33

Frauchens und Jills Memoiren Teil 11 - „Kuscheln kann man am besten zu zweit“

Hätte ich vor Kauf von Baby-Jill eine Liste mit den Charaktereigenschaften meines Wunschhundes erstellt, hätten dort u.a. folgende Dinge gestanden:
- Hund spielt gerne mit Bällen und Frisbees
- Hund jagt nicht
- Hund ist unkompliziert bei Fremdhundekontakt
- Hund muss nicht immer das letzte Wort haben
- Hund ist ein Schmusebär und schläft gern im Bett
- Hund ist leichtführig und wird zu Everybody´s Darling
- Hund denkt erst und handelt dann
und so weiter und so fort; quasi das volle „Hollywood“-Traumprogramm, wo überall deftig geschlemmt wird aber nie irgendjemand das Vorgesetzte auch verdauen muss.

Statt Punkt für Punkt abzuhaken , hätte ich aber Abstrich für Abstrich machen müssen.
Begonnen bei den Äußerlichkeiten, zeigte sich, dass helle Kleidung in die Altkleidersammlung gehörte und nicht an den Körper eines Hundehalters.
Ich musste lernen, dass Jack Wolfskin keine Hundefuttermarke ist, sondern die Mode für den Hundehalter, der was auf sich hält.
Das ich auch was auf mich hielt, mir die Outdoor-Klamotten aber nicht leisten konnte, interessierte natürlich niemanden. Keine Pfote auf der Hose wurde das Äquivalent von „uncool“.
Jill mit ihrer „was andere können, kann ich schon lange“-Mentalität beschloss, sie könne Pfotenmodell werden.
Sie patschte ihre Pfote prophylaktisch und aus reinen Marketinggründen auf jegliche Textilien.

Das mit den Bällen und Frisbees war auch so eine Sache.
Als naiver Neuhundehalter hätte ich mir nichts sehnlicher gewünscht als einen Hund, der für eine Frisbee den atomaren Weltkrieg starten würde.
Jill hingegen apportierte mit dem Blick: „Wie? Ich schon wieder? Wieso holst du das Ding nicht mal? Wo steht eigentlich geschrieben, dass der Hund apportieren muss? Und wenn ich mir dich so ansehe, täte dir ein wenig Bewegung auch mal ganz gut, nur so nebenbei bemerkt.“

Mit allem konnte ich mich arrangieren, aber das mein Hund sich strikt weigerte in meinem Bett zu schlafen, war zu viel für mich.
Während andere Hundehalter darüber fluchten, dass sie den Hund nicht aus dem Bett bekamen, verstand ich nicht, warum ich meinen nicht hinein bekam.
Auf dem Hundeplatz hieß das natürlich „Ich bin eine Autoritätsperson für meinen Hund und schließlich schläft ein Hundehalter, der was auf sich hält, nicht mit dem Hund auf gleicher Ebene.“

Daheim piepste und trällerte ich vergebens nach meinem Vierbeiner, selbst das Wedeln mit Wurststückchen wurde übergangen. Wenn Jill schneller war als ich, war nicht nur der Hund weg sondern auch die Wurst.

Ich suchte eine Antwort auf die Frage „Wer von uns beiden braucht eigentlich dringender einen Psychiater?“
In Zeiten der Langeweile malte ich mir das Gesicht des Psychiaters aus, wenn ich auf der Couch liegend in mein Taschentuch schniefte „Mein Hund straft mich mit Liebesentzug, irgendwie läuft es nicht rund in unserer Beziehung.“

Wäre das schon ein Grund zur Zwangseinweisung gewesen? Man wird es nie erfahren.


„ Dann eben nicht, du Trulla!“ maulte ich nach Ewigkeiten der körperlichen Ignoranz.
„ Warum nicht gleich?“ konterten Jills Augen. „Das mit der Wurst können wir aber beibehalten,“
fügte sie noch hinzu.

Rückblickend weiß ich gar nicht mehr so genau wann die Ära „Kuschel-Jill“ begann.
Ich weiß nur noch, dass wir in Göttingen waren.
Eines Abends quietschte es auf meinem Schlafsofa; es folgten „kratz, dreh, plumps und ömpf“.
Jill war im Bett! In meinem Bett! Und ich war auch da!
Panik überkam mich. Was sollte ich tun? Das war eine völlig befremdliche Situation für mich.
Zum Glück stand Jills Keksdose an meinem Bett; manchmal kann Schlampigkeit auch nützlich sein, liebe Mütter!
Es wurde alsbald derart berauschend geschmust, dass mir an einem morgen sogar die komplette Hand angeschwollen war, da Oma auf selbiger die ganze Nacht gelegen hatte. Egal!

Warum sich der Hund in der folgenden Zeit auf „Kommst du kuscheln, bütte, bütte?“ „Ja, habe nichts gegen Essen im Bett und wo ich schon da bin, kann ich auch gleich bleiben.“ konditionieren lies, wird immer ein Geheimnis bleiben.
Manchmal sollte man das Leben so nehmen wie es kommt.

Und auch wenn der Rücken heuer nach Fangopackungen schreit, würde ich immer wieder auf kalten Fliesen schlafen, nur um den herrlichen Mief meines Hundes in der Nase zu haben und von ihrem zarten Schnarchen in den Schlaf gesungen zu werden.

Zum Glück habe ich keine Liste erstellt.

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:33

Jills Memoiren Teil 12 - Und so schließt sich der Kreis

So, da sitze ich nun just in diesem Moment an meinem PC und denke an 12 großartige, nervenaufreibende, viel zu schnell vergangene Jahre zurück. Denn heute auf den Tag genau ist es 12 Jahre her, dass ich mit einer Freundin nach Marl fuhr und mir mein größtes Glück auf Erden nach Hause holte.

Dieser letzte Teil ist nur für dich meine geliebte Omi. Du bist mir treu gefolgt, dein ganzes Leben lang, egal wie steinig die Wege waren.

Du hast dich von mir erziehen lassen und ich durfte viel von dir lernen.
Die Dinge, die ich dir beigebracht haben, können nicht mal ansatzweise den Wert deiner Erziehungsmaßnahmen erreichen.
Habe ich mich mein Leben lang aufgrund von subjektiven Unzulänglichkeiten vor der Welt versteckt, brachtest du mir bei, dass ich ein Recht darauf habe, gerade wegen meiner Schwächen und Fehler geliebt und akzeptiert zu werden.
Ich durfte lernen, die Welt und auch ihre Mitmenschen mit anderen Augen zu sehen.
Du brachtest mir Gelassenheit und Verständnis bei.

So schnell vergeht die Zeit.

Am Anfang sprachen wir beide zwei verschiedene Sprachen; wir mochten uns schon irgendwie,
aber der andere hat ständig unverständliches Zeug geredet und sich irgendwie komisch verhalten.
Es hat schon eine Weile gedauert bis wir auf einen Nenner kamen, am Ende zog ich den Schlussstrich und musste zugeben: „Mein Hund hat den größeren Dickkopf.“

Am meisten genoss ich, dass wir unsere Mitmenschen zum Lachen brachten.

Sei es wegen des zotteligen Hundes auf dem Fahrradweg, der einfach nicht auf dem Gehweg gehen wollte und stur vor sich hin schlappte, sodass nicht mal der spießigste Fahrradfahrer böse sein konnte.

Oder wegen des zotteligen Hundes, der stehen blieb, weil links, dass neue rechts sein musste und das Frauchen, das flehend sagte: „Oma, ich will aber nach rechts...komm doch...die Leute gucken schon...halloooo...bitte????...na gut....“

Oder die Momente in denen wir unsere Apportierkünste unter Beweis stellten:
„Oma, hol den Ball! Nein! Nicht den Stock! Den Ball! Nein, auch nicht die Tasche, du sollst den Ball holen...verarscht du mich? Wo hast du denn jetzt das Kuscheltier her? Dann hol halt irgendwas.“...folglich musstest du nur noch „irgendwas“ apportieren und der Erfolg war garantiert.

Schließlich durfte die Oma das! Denn die Oma war ja nicht immer eine Oma gewesen.

Sie war ein kleiner Welpe ohne Kontrolle über die eigene Blasentätigkeit, der vor beleuchteten Türschwellen Angst hatte und beim Anblick von Mülltonnen am liebsten weggelaufen wäre.

Sie war ein Junghund, der sich mit jedem Vierbeiner prügeln wollte, von Leinen mal so gar nichts hielt und Zurückkommen für ein vollkommen überbewertetes Kommando hielt.

Sie war eine ausgewachsene Hündin, die mit ihrem Frauchen auf dem Agilityplatz so manche Hürden hinter sich ließ und Mitglied in ihrer ersten Hundeclique wurde.

Sie war begeisterter Wanderer, Reitbegleithund (wenn auch nicht unbedingt immer am Pferd, aber dafür irgendwo drumherum) und Beifahrer, Nervenrauber, Frechdachs und wahnsinnig

Sie war eine Hündin, die mich so mancher Nachts um den Schlaf brachte, weil Erkrankungen vor keinem halt machen. Sie kostete mich Tränen der Freude und des Leids.

Sie ist auch heute noch Seelentröster und mein Fels in der Brandung.
Und es ist ein Gottesgeschenk, dass ich weiterhin mit ihr mein Leben teilen darf.

Ich danke dir, dass du trotz deiner Erkrankungen treu an meiner Seite bist, mich erträgst und mir vertraust.

So bleiben mir abschließend nur noch drei kleine Worte: Ich liebe dich.

IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 14:34

Jills Memoiren Teil 13 - Das Ende und ein neuer Anfang

Am 04.05.2014 war der Tag, der niemals kommen sollte aber Teil der Partnerschaft zwischen Mensch und Hund ist.

Es ging Jill die vorherigen Tage nicht mehr gut, sie baute rasant ab; sie ging zwar noch spazieren und fraß aber der Lebensfunke erlosch Tag für Tag immer mehr.
So kam es, dass ich ihr am 04.05. in die Augen sah und sagte „Schatz, ich denke, heute ist es soweit.“

Wir fuhren noch an den Elbe-Seiten-Kanal, setzten uns dort an unsere Lieblingsstelle und beobachten die vorüberfahrenden Schiffe; auf dem Rückweg rief ich die Tierärztin an; diese fragte, ob wir in die Praxis kommen könnten; es sei Sonntag und das würde ihr besser passen.

„ Mein Hund geht in keine Tierarztpraxis mehr!“ war meine Antwort.

Ich rief zwei wichtige Bezugspersonen von Jill an, die auch kommen konnten.
Wir waren zunächst in der Küche und es gab Kochschinken, die Tierärztin kam vorbei und untersuchte Jill, sie stimmte mir zu, dass wir den Punkt erreicht hätten, wo der schmale Grat zwischen Leben und Warten auf den Tod erreicht wäre; sie musste nochmal in die Praxis fahren, um alles zu holen;
wir waren noch in der Küche, dann meinte ich zu Jörg, dass wir jetzt ins Schlafzimmer gehen. Jörg erwiderte:

„ Nun lass den armen Hund doch hier in der Küche sitzen!“

„Nein! Wir gehen jetzt wie immer ins Schlafzimmer, schauen Big Bang Theory und kuscheln, so wie Jill es kennt.“

Gesagt, getan.

Es war so friedlich; Jillie auf ihrem Bettchen, der nervige Sheldon im Fernsehen und kuscheln ohne Ende.

Als die Tierärztin kam, machte Jill nur einmal „Wuff“, blieb aber in meinem Schoß liegen.

Der Zugang wurde gelegt, die Medikamente gespritzt. Jill schlief ein; dann passierte was unschön ist: Die Vene platzte, Jill war in Narkose aber das Euthanasiemedikament ging daneben;

Es folgte die Spritze in den Brustkorb; Jill spürte nichts, man sah nur die ruhigen Bewegungen des Brustkorbes; auf und ab; ich konnte meinen Blick nicht von dem Brustkorb nehmen; der Gedanke, dass beinahe 14 großartige Jahre mit meiner Jill nun enden würden, brach noch nicht durch.

Dann ging alles recht schnell; Jill war tot. Wir begruben sie an einer geheimen Stelle; ihr Lieblingsplatz.

Schließlich überwältigte mich die Trauer wie ein Hurrikan, der alles wegreißt was man liebt und einem Sicherheit bietet.

Gott, ich habe diesen Hund so geliebt; Jill brachte mir bei, was es heißt wirklich zu leben und zu fühlen:

Ich bin so dankbar, dass sie so lange an meiner Seite blieb; wir haben zusammen studiert und gearbeitet, gelacht, geflucht, geliebt und geträumt.

Nie wieder wollte ich einen Hund, nie nie wieder!

Dieser Gedanke dauerte einen Tag an; dann war klar: Kristine ohne Briard?! Nein!

Ich hatte Zeit zum trauern, 5 Kilo verlor ich, kein Appetit, Anhedonie und sozialer Rückzug standen im Vordergrund; und dann?

Ja, dann kam Ellie!

Viele fragen mich immer, warum wieder ein Briard, man würde doch so viel vergleichen.
Das wäre doch schrecklich und unfair.

Nein! Ganz und gar nicht; es ist großartig zu vergleichen; so lebt meine Jill in meinen Gedanken weiter, ich erinnere mich wieder an köstliche Anekdoten, und wie sehr Frust und Lust Hand in Hand gehen! Ellie ist so gar nicht wie Jill und plötzlich so sehr Jill, dass es mich umhaut.

Danke Jill, dass es dich gab und Danke Ellie, dass es dich gibt!

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Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von Monty » 10. Okt 2014, 16:45

Danke Dir für 13 wundervollen Auszüge aus Deiner Zwei- und Vierbeiner-Partnerschaft .............ich habe viel gelächelt und mich auch schlapp gelacht............aber auch geheult, wie ein Schlosshund im letzten Teil.......
Hunde haben alle guten Eigenschaften der Menschen ohne gleichzeitig ihre Fehler zu besitzen.........

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Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von Ness » 10. Okt 2014, 18:24

Es ist so schön von eurer gemeinsamen Partnerschaft zu lesen! Ich wünsch dir ganz viel Freude mit Ellie =)

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Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von Benny » 10. Okt 2014, 18:32

Danke für diese schöne Geschichte (schreibe ich während ich das eine oder andere Tränchen verdrücken muss)
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Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von herr emil weiss » 10. Okt 2014, 19:11

ich hab schon geheult als ich es bei FB gelesen habe und jetzt hock ich da und heul
schon wieder....schnief....ich erkenn so viel von uns in deinen erzählungen und leider
kenne ich auch das ende...benno wurde 13 jahre alt...

vielen dank für deine geschichten .....soviel leben, soviel liebe...
Wenn es im Himmel keine Hunde gibt, gehe ich da auch nicht hin.
Sabine und Emil (07.05.2011)

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IngaJill

Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von IngaJill » 10. Okt 2014, 19:34

Danke fürs Lesen :)

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Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von Lion » 10. Okt 2014, 22:36

so schön zu lesen, so lustig, so traurig und wieder schön.
ich heul jetzt noch. Viel Glück mit der neuen Mitbewohnerin.

LG Lion

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Re: Jills Memoiren in 13 Teilen

Beitrag von Hedi » 10. Okt 2014, 22:50

Vielen Dank für Eure Memoiren !
Da hab ich doch noch viel länger vorm PC gesessen als ich eigentlich vorhatte, ich konnte einfach nicht aufhören zu lesen ;)
Jill und Du, Ihr wart ja wirklich ein tolles Team. Nun wünsche ich Ellie und Dir, dass Ihr beide ein ebenso tolles Team werdet - davon bin ich aber fest überzeut!
Bitte schreib doch auch ein Tagebuch für Ellie, damit wir weiter so viele lustige Geschichten lesen können.
....und Fotos wären natürlich auch superschön :D
Liebe Grüße von Hedi, Zoe, Jasper, Bentje und Hundeengel Luca
:happydog:

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